15 I Britische Kolonialbeamte, das Ende des Empires und die Spielregeln Europas

 

6. April 2018
9:00–10:30
Seminarraum 7



Valentin Seidler (Wien)
Beamte, Empire und die Spielregeln Europas


Edurne Kugeler (Wien)
Das Reisen im britischen Empire


David Le Breton (Tonbridge)
Life in the colonial service and thereafter
><  Vortrag in englischer Sprache

 

Die Vorträge diskutieren aus verschiedenen Perspektiven das Wirken von britischen Kolonialbeamten während der Dekolonialisierung im 20. Jahrhundert. Gemeinsamer Anknüpfungspunkt ist das Projekt VOICES, ein digitales Archiv aus über 70 biographischen Interviews, Photos, Filmen und Berichten sowie einem neu geschaffenen Bestand von Personalbögen von 14.000 führenden Mitarbeitern des Empires. Die neue Sammlung im Bereich digital humanities erlaubt erstmals, die Rolle von individuellen Beamten in einer Epoche zu beleuchten, die maßgeblich die Entwicklungspfade von 45 ehemaligen Kolonien beeinflusst hat. Der methodische Zugang besteht in einem Mix aus quantitativ-statischen Verfahren in der Analyse der gesammelten Personaldaten als auch qualitativen Methoden in der Auswertung von Interviews, von Bild und Ton. Das gleichzeitige Einsetzen verschiedener methodischer Zugänge und unterschiedlicher Quellen ermöglicht mittels Triangulation ein tieferes Verständnis der gewonnenen Eindrücke.

 

Chair: Peter Becker (Wien)

Valentin Seidler (Wien): Beamte, Empire und die Spielregeln Europas

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs drängen tausende ehemalige Soldaten in den vermeintlich sicheren Kolonialdienst. Bereits Mitte der 1950er-Jahre fürchteten sie um ihre Arbeitsplätze angesichts der Unabhängigkeitsbewegungen. Zusicherungen vonseiten Londons halfen nur bedingt. Gleichzeitig war die Ausbildung lokaler Beamter in vielen Bereichen vernachlässigt worden. In einigen Ländern Westafrikas waren zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit bis zu 80% der Planstellen unbesetzt. Dabei galt es, tausende Seiten von Gesetzestexten aus Europa in den lokalen Kontext zu übertragen. Mit Ende des Empires wurden soziale und ökonomische Institutionen sowie Spielregeln moderner Demokratien und Marktwirtschaften im Eilverfahren in die neuen unabhängigen Staaten übertragen. Lokale und britische Beamte hatten eine Schlüsselposition in diesem Prozess und befanden sich gleichzeitig im Spannungsfeld junger politischer Bewegungen und ihrer eigenen Zukunftsplanung.

Edurne Kugeler (Wien): Das Reisen im britischen Empire

Edurne Kugeler beschäftigt sie sich mit dem Reisen in der Mitte des 20. Jahrhunderts und der Frage wie verschiedende Personengruppen in den ehemaligen Kolonien gereist sind. Das Reisen zum Vergnügen ist ein von den Europäern in den Kolonien praktizierte Institution, deren Regeln und Konventionen im unterschiedlichen Ausmaß von der lokalen Bevölkerung imitiert und variert werden. Methodisch bedient sich Edurne der Analyse von Bild (Fotomaterial, Privatfilme) und Text (Dokumente, Biographien, Interviews) aus dem bisher unveröffentlichen Bestand des Projekt VOICES.

David Le Breton (Tonbridge): Life in the colonial service and thereafter

In seinem Vortrag stellt Le Breton Privatdokumente aus seiner Zeit als Kolonialbeamter in Tansania vor und gibt so Einblicke in den beruflichen und privaten Alltag eines Beamten im „Administrative Service“. Mit der herannahenden Unabhängigkeit des UNO Mandatgebiets befand er sich, wie viele seiner Kollegen, im Spannungsfeld zwischen eigener Karriere, Familie und dem Dienst im colonial service. Im zweiten Teil wird Le Breton kurz auf die Arbeit der „Overseas Service Pensioners‘ Association“ eingehen, dem Pensionistenverband ehemaliger Kolonialbeamten. In seiner Funktion als leitender Sekretär hat er über 400 Artikeln und Kurzbiographien gesichtet und zum Teil veröffentlicht.

Vortrag in englischer Sprache