13 I Migration: Akteur_innen – Räume – Teilhabe
6. April 2018
9:00–10:30
Seminarraum 4
Joachim Gatterer (Innsbruck)
Die sozialistische Arbeiterbewegung in der Grenzregion Tirol/Südtirol
Martina Nothnagel (Wien)
Innereuropäische transnationale Sozialräume – Formen und Transformation seit den 1960er–Jahren
Grazia Prontera (München)
Migration und Demokratie. Städtische Integrationspolitik und aktive Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben der Migranten-Organisationen in den 1970er Jahren in München
Joachim Gatterer untersucht in seinem Vortrag das gesellschaftliche Auseinanderdriften Nord- und Südtirols am Beispiel der sozialistischen Arbeiterbewegung. Anhand der Entwicklung des Regionalparlamentarismus, der regionalen Teilhabe an nationalen (italienischen bzw. österreichischen) Schlüsselereignissen sowie den Folgen von Migration beleuchtet er Prozesse der Auflösung und Neuformierung näher. Martina Nothnagel befasst sich in ihrem Beitrag mit transnationalen Sozialräumen innereuropäischer ‚Wohlstandsmigrant_innen‘ im Kontext von Globalisierungsprozessen und im Übergang zur sogenannten Spätmoderne. Dabei werden u.a. transnationale, transkulturelle Praktiken, Erfahrungen sowie sich wandelnde Anforderungen der Integration diskutiert. Abschließen referiert Grazia Prontera zu städtischer Integrationspolitik in München, das in den 1970er–Jahren die Stadt mit dem höchsten ausländischen Bevölkerungsanteil in der Bundesrepublik Deutschland war. Die Hauptfrage dieses Papers lautet: Welche Formen nahm die aktive Beteiligung der Migrant_innen an? Im Fokus stehen das Verhältnis von Migration und Demokratie sowie die Herausforderungen, die Integration zu gestalten und die kollektive Identität neu zu definieren.
Dieses Panel wurde vom ZGT18-Team aus Einzeleinreichungen zusammengestellt.
Chair: Richard Hufschmied (Wien)
Joachim Gatterer (Innsbruck): Die sozialistische Arbeiterbewegung in der Grenzregion Tirol/Südtirol
Der Tiroler Raum, bis 1918 habsburgisches Kronland, stellt aufgrund seiner Teilung im Zuge des italienischen und österreichischen Nationsbildungsprozesses einen idealen Bezugsrahmen für transnationale Geschichtsforschung dar, da sich in ihm sowohl Spuren regionaler Homogenität wie das Einbrechen und Sich-Verfestigen nationaler Gegensätze eruieren lassen. Als Gegenstück zum Geschichtsbild einer (Deutsch)Tiroler Landeseinheit versucht dieser Vortrag, am Beispiel der sozialistischen Arbeiterbewegung das zunehmende Auseinanderdriften des österreichischen und italienischen Landesteils im Verlauf des 20. Jahrhunderts näher zu analysieren. Unterschiedliche Strukturausbildungen des Regionalparlamentarismus (1.), die Teilhabe an verschiedenen Schlüsselereignissen nationalstaatlicher Dimension (2.) und intensive Migration von Süd nach Nord (3.) bewirkten eine stete Diversifizierung der Arbeiterbewegung Tirols und Südtirols, was durch grenzüberschreitende Parteiinitiativen nur geringfügig konterkariert werden konnte.
Martina Nothnagel (Wien): Innereuropäische transnationale Sozialräume – Formen und Transformation seit den 1960er–Jahren
Grundlage des vorgeschlagenen Beitrags ist das Ende 2016 abgeschlossene Forschungsprojekt meiner Dissertation, eine empirisch-qualitative Studie, die anhand narrativer Interviews Migrationsphänomene (innereuropäischer ‚Wohlstandsmigration‘) im Kontext von Globalisierungsprozessen und im Übergang zur sogenannten Spätmoderne seit den 1960er Jahren untersucht. Im Fokus des Vortrags steht die Frage nach Formen und Transformation transnationaler Sozialräume – die im Übrigen kein Phänomen ausschließlich der Spätmoderne sind – im Untersuchungszeitraum. Dabei sollen transnationale, transkulturelle Praktiken, Erfahrungen aber auch Identitätsprozesse und -projekte sowie sich wandelnde Anforderungen der Integration diskutiert werden. Transnationalität und Transkulturalität sind freilich kein Forschungsneuland. Die beständige Aktualität dieser Themen aber verdeutlicht, wie wesentlich es ist, sich auch aus zeithistorischer Perspektive immer wieder mit diesen Phänomenen zu befassen.
Grazia Prontera (München): Migration und Demokratie. Städtische Integrationspolitik und aktive Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben der Migranten-Organisationen in den 1970er–Jahren in München
München war in den 1970er Jahren die Stadt mit der höchsten Anzahl an ausländischen Mitbürgern in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war eine der ersten westdeutschen Städte, welche ihre Integrationspolitik nicht nur darauf ausrichtete, die Lebensbedingungen der Einwanderer zu verbessern, sondern auch die aktive Partizipation der Migrant_innen zu fördern. Die Hauptfragen dieses Paper lauten: Welche Formen nahm die aktive Beteiligung der Migrant_innen in den 1970er–Jahren in München an? Spielten Migrant_innen und ihre Organisationen eine Rolle bei der Festlegung der Integrationspolitik? Welche Beziehungen hatten sie zu deutschen und ausländischen Einrichtungen und Organisationen? Im Fokus meiner Forschung steht das Verhältnis von Migration und Demokratie und die Herausforderung für die Stadtgesellschaft, die Integration zu gestalten und die kollektive Identität neu zu definieren – mit dem Ziel, Kohäsion zu erreichen.