23 I Zeitgeschichtliches Bildmaterial in der politischen Kommunikation: Methodische Perspektiven auf eine ubiquitäre Bildpraktik
6. April 2018
14:30–16:00
Seminarraum 7
Andreas Pribersky (Wien)
Das Bild des Großen Vater(s)-ländischen Krieges in der visuellen Repräsentation Wladimir Putins
Vortrag abgesagt
Petra Bernhardt (Wien)
„I escaped the Nazis once. You will not defeat me now“: Eine Bildtypenanalyse zu #Charlottesville auf Twitter
Karin Liebhart (Wien)
Bildpolitische Strategien der Identitären am Beispiel der Aktion „Defend Europe“
Silvia Miháliková (Trnava)
Diskursive und visuelle Repräsentationen im slowakischen Identitätsdiskurs: das Jubiläumsjahr 2018
Vortrag abgesagt
Die Verwendung von Bildmaterial gewinnt in der politischen Kommunikation nicht zuletzt aufgrund des verstärkten Einsatzes sozialer Netzwerke an Bedeutung. Der Rückgriff auf zeitgeschichtliches Bildmaterial erfüllt dabei besondere Funktionen: So kann das Bildmaterial beispielsweise Argumente unterstützen, Identifikationspotenziale anbieten, Emotionen wecken oder als Symbol fungieren. Oft sind es sogenannte ikonische Bilder, die aufgrund ihres hohen Bekanntheitsgrades von politischen Akteur_innen verwendet werden.
Das Panel geht diesen unterschiedlichen Funktionen zeitgeschichtlicher Bildbezüge in der politischen Kommunikation anhand von vier Fallstudien aus unterschiedlichen politisch-kommunikativen Zusammenhängen nach. In den Fallstudien werden methodische Ansätze zur Analyse von Bildmaterial vorgestellt (z.B. visuelle Kontextanalyse, politische Ikonographie, Bildtypenanalyse) und hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit in zeithistorischen Studien diskutiert.
Chair: Ina Markova (Wien)
Andreas Pribersky (Wien): Das Bild des Großen Vater(s)-ländischen Krieges in der visuellen Repräsentation Wladimir Putins
Der „Große Vaterländische Krieg“ ist über das Ende der Sowjetunion hinaus zentrales Motiv der staatlichen Legitimation und Repräsentation Russlands: Das wird u.a. an der Bedeutung der nach wie vor jährlichen Moskauer Truppenparade zu dessen Gedenken deutlich.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat diesem Gedenken eine persönliche Note gegeben, indem er nicht nur als Oberbefehlshaber die Parade ab, sondern mit dem Bild seines Vaters selbst daran teilnimmt.
Die Fotografie seines Vaters in sowjetischer Marine-Uniform – die er zu diesem Anlass trägt – hat für die Konstruktion von Bild und Image Putins eine wesentliche Rolle. Der Beitrag geht deshalb dem Einsatz und den Transformationen dieses Bildes in der visuellen Repräsentation des russischen Präsidenten nach und versucht, anhand dessen die spezifische Traditionsbildung Putins in ihrer Bedeutung für die gegenwärtige russische Politik ebenso wie für den politischen Einsatz persönlicher zeithistorischer Bilddokumente zu analysieren.
Petra Bernhardt (Wien): „I escaped the Nazis once. You will not defeat me now“: Eine Bildtypenanalyse zu #Charlottesville auf Twitter
Bei rechtsextremen Ausschreitungen in der US-amerikanischen Stadt Charlottesville (Virginia) wurde im August 2017 eine junge Gegendemonstrantin bei der Attacke mit einem Fahrzeug getötet. US-Präsident Donald J. Trump meldete sich dazu mit einer relativierenden Stellungnahme zu Wort, die weltweit für Bestürzung und Kritik sorgte. Besonders in sozialen Netzwerken artikulierten Menschen ihren Unmut über Trumps Aussage, dass es zu „Gewalt von vielen Seiten“ gekommen sei. Im Zuge dieser Onlinekommentare kamen auch zahlreiche zeitgeschichtliche Bilder zum Einsatz, die u.a. auf den Nationalsozialismus, den Holocaust oder die Landung der Alliierten in der Normandie Bezug nahmen. Der Vortrag wertet dieses Bildmaterial, das unter dem Hashtag #Charlottesville auf Twitter verbreitet wurde, mit der Methode der Bildtypenanalyse aus und rekonstruiert die unterschiedlichen Funktionen des Bildeinsatzes.
Karin Liebhart (Wien): Bildpolitische Strategien der Identitären am Beispiel der Aktion „Defend Europe“
Die „Identitäre Bewegung“ versteht sich als intellektuelle und zugleich aktivistisch-kämpferische Avantgarde der „Neuen Rechten“. Als digital natives nutzen die Identitären versiert die Vielfalt an Kommunikationsmöglichkeiten, die diverse Social Media Plattformen bieten und erzielen verhältnismäßig große Reichweiten. Neu ist der an popkulturellen Elementen orientierte kommunikative Stil, nicht aber die politische Botschaft. Dieser liegt ein Weltbild zugrunde, in dem kulturrassistische Zuschreibungen eine entscheidende Rolle spielen. Gelegentlich verlassen die Identitären mit spektakulären Aktionen den virtuellen Raum und intervenieren „unmittelbar“ in politische Öffentlichkeiten. Am Beispiel der auch international rezipierten Aktion „C-Star/ Defend Europe“ rekonstruiert der Beitrag transmediale bildpolitische Strategien der Identitären und zeichnet nach, wie diese bekannte Aktionsformen ökologischer Protestbewegungen (Greenpeace) einsetzen und unter Rückgriff auf ikonische Bilder ihre Identifikationsangebote visuell kommunizieren.
Silvia Miháliková (Trnava): Diskursive und visuelle Repräsentationen im slowakischen Identitätsdiskurs: das Jubiläumsjahr 2018
Der Vortrag setzt sich aus einer politologisch-soziologischen Perspektive mit diskursiven und visuellen Repräsentationen von Symbolen im slowakischen Identitätsdiskurs auseinander. Den Kontext bilden das Jubiläumsjahr 2018 und dessen mehrfache Bezüge auf symbolische Daten der tschechoslowakischen und slowakischen Geschichte.