27 I Geschichte wird gemacht: Der Marshall Plan in Österreich

 
6. April 2018
16:30–18:00
Seminarraum 7


Hans Petschar (Wien)
Die Medienpolitik des Marshallplans in Österreich aus nationaler und transnationaler Sicht


Günter Bischof (New Orleans)
Marshallplan und Wirtschaftspolitik: Die Verteilung der Gegenwertmittel als Investmentfonds der Republik Österreich


Robert Groß (Klagenfurt/Wien/Graz)
Eine Umweltgeschichte des Marshallplans
Vortrag abgesagt

 

Ohne den Marshallplan wäre Österreichs rasche wirtschaftliche Erholung nach dem Zweiten Weltkrieg undenkbar. Allen Sektoren der Wirtschaft von der Industrie bis zu Tourismus und Landwirtschaft haben von amerikanischen Hilfsgütern und Counterpart-Investitionen profitiert. Der Marshallplan steht auch am Anfang einer rasenden Zunahme eines hohen Lebensstandards in breiten Schichten der Bevölkerung. Dieses Panel versucht zum Anlass des 70. Jubiläums des Marshallplans in Österreich, dieses wichtige wirtschaftliche Hilfsprogramm der Amerikaner im Kontext des Kalten Krieges neu einzuschätzen. Sowohl positive (Wirtschafts- und Medienpolitik) sowie negative (Umweltauswirkungen) Seiten des „European Recovery Programs“ werde angesprochen und sollen diskutiert werden.

 

Chair: Peter Berger (Wien)

Hans Petschar (Wien): Die Medienpolitik des Marshallplans in Österreich aus nationaler und transnationaler Sicht

Was dem „European Recovery Program“ (ERP) seinen Platz in unserer Erinnerung sichert, ist der Beitrag, den es zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft und Demokratie geleistet hat. Das vielleicht langlebigste Erbe des Marshallplans ist die zentrale Rolle, die ihm in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in der Integration Europas als einem Frieden stiftenden Projekt zukam. Gleichzeitig wurde der Marshallplan sehr schnell Teil von Kalten Kriegsstrategien und verstärkte die Spaltung Europas in Ost und West. Der Vortrag setzt sich mit den historischen Kommunikationsstrategien des Marshallplans in Österreich auseinander und reflektiert über gegenwärtige politische Narrative zum Marshallplan als ein Modell für großflächige internationale Hilfsprogramme.

Günter Bischof (New Orleans): Marshallplan und Wirtschaftspolitik: Die Verteilung der Gegenwertmittel als Investmentfonds der Republik Österreich

Es ist hinlänglich nicht bekannt in der österreichischen Öffentlichkeit, dass der Marshall Plan bis heute über den „ERP-Fonds“ noch aktiv ist in der österreichischen Wirtschaft. Seit der Einrichtung des „ERP-Fonds“ 1962 durch die Regierung Raab wurden über 200 Milliarden Schilling an sogenannte „ERP-Kredite“ vergeben – in den vergangenen Jahren jährlich gut 500 Millionen Euro, vor allem in Innovationsprojekte investiert. Das ursprünglich Einlagevermögen des „ERP-Fonds“, aus dem diese Kredite vergeben werden, stammt aus den sogenannten „ERP Gegenwertkonten“ („counterpart funds“), die durch den Marshallplan (1948–1952) generiert wurden. Amerikanische Hilfsgüter wurden auf dem österreichischen Markt verkauft; die daraus gewonnenen „counterpart“-Mittel wurden in die „Gegenwertkonten“ der Österreichischen Nationalbank gelegt und dann als niederverzinsliche, langfristige Kredite in allen Sektoren der heimischen Wirtschaft investiert. Die solide Veranlagung der Mittel über den „ERP-Fonds“ hat diese „Gegenwert“-Mittel zu einem quasi „pepetu mobile“ in der Invertmentlandschaft gemacht.

Robert Groß (Klagenfurt/Wien/Graz): Eine Umweltgeschichte des Marshallplans

Bislang wurde das „European Recovery Program“ (ERP), der Marshallplan – nicht unter umwelthistorischem Blickwinkel untersucht. Basierend auf Quellen der „U.S. Foreign Assistance Agencies“ diskutiert dieser Beitrag diese Dimension transatlantischer Technologietransfers. Die produktivitätssteigernde Logik des ERP wurde in die Wirtschaftspraktiken der Akteure in ländlichen Regionen integriert. Die finanzierten Projekte in Tourismus sowie in Land- und Forstwirtschaft sollten die Überlegenheit des westlichen Wirtschaftsmodelles in einem politisch zerrissenen Land demonstrieren. Österreichische Wirtschaftstreibende, -politiker, U. S.-amerikanische Industrieberater und Politstrategen waren sich darin einig. Sie leiteten 1948 eine Industrialisierung der Kulturlandschaften ein, deren Untersuchung der Geschichte des Marshall Plans eine neue Facette hinzufügt.